Aktuelles von den Grabungen im Oppidum Altenburg
Ralf Göhrig
Das keltische Oppidum auf der Halbinsel Schwaben kristallisiert sich immer mehr zum absoluten Glanzlicht der späten Latènezeit heraus. Mit bis zu 10.000 Einwohnern war es wohl die größte keltische Siedlung im Gebiet des heutigen Deutschlands.
Die Ausgrabungen des Landesamts für Denkmalpflege unter der Leitung von Dr. Günther Wieland fanden nach 2022 und 2023 nun zum dritten Mal statt und werden auch in den kommenden Jahren fortgesetzt – denn es gibt noch vieles zu entdecken.
In diesem Jahr erfolgten die Ausgrabungen an drei verschiedenen Orten. Die Ausgrabungsstelle im Wald an der nördlichen Grenze des Gemeindewaldes zum Privatwald ergab nur wenige Funde und auch die Ausgrabungsstelle auf einem Acker am Waldrand war kaum ergiebig. Das dritte Suchgebiet, unmittelbar westlich der ehemaligen Kiesgrube, entpuppte sich hingegen als sprichwörtliche Goldgrube. Neben zahlreichen Keramik- und Glasfunden sowie Gegenständen des täglichen Lebens kamen mehrere hundert Rinderknochen (Kieferknochen, Schulterblätter und Langknochen, die von den Gliedmaßen stammen) zutage.
Unter den Knochen fanden die Archäologen auch ein Schlachtmesser. Dies weist auf eine Großmetzgerei hin, die am Rand der Siedlung gelegen war, was sicherlich den Vorteil hatte, dass die Tiere zum Schlachten nicht durch die ganze Stadt getrieben werden mussten. Insbesondere bei den Schulterblättern sind Löcher zu erkennen, durch die Haken geführt wurden, um das Fleisch aufzuhängen und zu räuchern, und es so haltbar zu machen. Interessant an diesen Funden ist der Umstand, dass die Knochen nicht zu den keltischen Rindern gehören, die viel kleiner waren, sondern mutmaßlich zu Rassen, die von Gebieten südlich der Alpen stammten. Ein Archäozoologe wird hier in den kommenden Monaten für mehr Klarheit sorgen.
Auch gibt es inzwischen eine Theorie, wie es dazu kam, dass die Siedlung aufgegeben wurde. Gegründet wurde sie um 120 v.Chr. und verschwand gegen 50 v.Chr. wieder. Der Siedlungsschwerpunkt verlagerte sich auf die heute schweizerische Halbinsel Au. Doch auch diese war mit der Ankunft der Römer im Jahre 15 v.Chr. weitgehend verlassen.
Historische Quellen geben an, dass im Jahr 58 v.Chr. keltische Stämme gen Süden zogen. Die Gründe dafür sind ebenso vielfältig wie spekulativ. Jedenfalls waren die helvetischen Kelten sehr kriegerisch und lagen mit den rechtsrheinisch lebenden Germanen in dauernder Fehde. Vermutet werden kann, dass sich die »Altenburger« seinerzeit dem keltischen Zug nach Süden anschlossen. Später wurden die Kelten von den Römern allerdings geschlagen und weit in den Norden zurückgedrängt.
Noch immer ungeklärt ist die Frage, wo genau sich das Tor in der knapp 800 Meter langen Schutzmauer (Schanz) befand. Irgendwo müssen die Menschen schließlich in die Siedlung gekommen sein. Der heutige Durchbruch mit der rekonstruierten Pfostenschlitzmauer entstand viel später und hatte lediglich den praktischen Zweck, dieses Hindernis auf dem Weg zu den Feldern und zum Wald zu überwinden.
Auch stellt sich die Frage nach einem Fürstensitz und kultischen Stätten. Bei einer so großen Siedlung dürfte es mehrere Tempelanlagen gegeben haben. Die Grabungen beschränken sich jedoch auf nur wenige Quadratmeter der einst rund 230 Hektar großen Siedlung. Trotz aller modernen Möglichkeiten durch nicht invasive Erkundungen mit Sonden gleichen die derzeitigen Bestrebungen noch immer der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Das Oppidum Altenburg-Rheinau erstreckte sich über die beiden Halbinseln Schwaben (Deutschland) und Au (Schweiz), wobei sich der Siedlungsschwerpunkt später von Altenburg auf die heute schweizerische Seite verlagerte.
Erste Ausgrabungen gab es ab 1972 durch die Uni Tübingen mit Professor Franz Fischer. Seit 2022 versucht Dr. Günther Wieland vom Landesamt für Denkmalpflege mit seinen Mitarbeitern, den Geheimnissen der ehemaligen Stadt auf die Spur zu kommen. Für die kommenden Jahre sind weitere Ausgrabungen und Prospektionen geplant.