Anekdoten aus vergangenen Tagen
Romina Kraus, Carin Huber, Jeannette Vallböhmer
Lausbubengeschichten
(rk) Damals, in der Nachkriegszeit, als das Dankholz noch ein idyllischer Hügel ohne Wohnbebauung war, reihte sich hier ein Schrebergarten an den nächsten. Es war ein Ort, an dem viele Jestetter Obst und Gemüse für den Eigenbedarf anbauten.
In jener Zeit gab es nicht besonders viele Spielsachen, aber den Kindern fiel trotzdem immer wieder etwas Neues ein und sie hatten ihren Spaß dabei.
Immer dann, wenn sich unten in der Au das Wasser zu einem kleinen See gesammelt hatte, machten sich gewisse Kinder auf zu den Schrebergärten hoch oben auf dem »Berg«. Dort schnappte sich ein jeder der Lausbuben eine Türe von den Schrebergartenhüttchen – sie wurden schlichtweg aus den Angeln gehoben –, um sie alsgleich zu Flößen umzufunktionieren. Auf dem Ausee wurde damit dann eine Regatta veranstaltet: Der Schnellste gewinnt. Und wehe, man wird erwischt!
Im Winter war der Flachshofbuggel einladend. Die Buben schnappten sich ihre Schlitten und machten sich auf den Weg zum Flachshof. Dort wurden Ketten gebildet: Man legte sich bäuchlings auf seinen Schlitten und hakte seine Füße in den dahinterliegenden Schlitten ein. Sobald alle in Position waren, setzte sich der Zug in Bewegung und raste alsbald den Flachshofbuggel hinunter, über die Bahnbrücke, zwischen Saustall und Scheune des alten Kuhstalls der damaligen Anstalt hindurch, vorbei am Gasthöfli und kam schließlich bei der Adlerscheune (heute Sparkasse) an.
War das ein Riesenspaß! Aber wehe der Sattler Kaiser erwischte einen, der wurde von ihm mit dem Besen oder der Mistgabel gejagt. Wer Glück hatte, kam unversehrt unten an und konnte sich über eine erneute Abfahrt freuen.
Zwei Teenager fahren nach Schaffhausen
(ch) Meine Cousine ist bei mir in Jestetten zu Besuch. Wir wollen mit dem Zug nach Schaffhausen fahren und kaufen Billette am Bahnhof. Es sind die 70er-Jahre und Sigi Wüest ist Stationsvorsteher. Er kennt mich schon, seit ich auf der Welt bin, er ist unser Nachbar. Am Schalter sagt er zu uns Teenies: »Das wird ja was werden, wenn ihr zwei nach Schaffhausen fahrt!« Und schon ist es passiert: Ich habe meinen Ausweis vergessen – oh je!
Es ist kaum zu glauben, aber Herr Wüest lässt den Zug warten und fährt uns mit seinem Auto nach Hause, damit wir den Ausweis holen können. Wir kommen dann ein bisschen später als erwartet in Schaffhausen an und alle anderen Fahrgäste auch!
Eine außergewöhnliche Fahrt
(jv) In den 90er-Jahren wird »dä Züri-Sepp« zum Babysitten nach Altenburg bestellt. Er nimmt die direkte Zugverbindung Zürich – Altenburg und achtet darauf, dass er in den Zollwagen mit dem roten »Täfeli« einsteigt, der für Reisende zwischen der Schweiz und Deutschland reserviert ist. Wie er es von der SBB gewohnt ist, kommt der Zug pünktlich in Altenburg an. Aber was ist los? Die automatische Tür öffnet sich nicht, obwohl er den Aussteigeknopf gedrückt hat. Verzweifelt klopft er an die Tür und muss dann mit Schrecken feststellen, dass sich der Zug wieder in Bewegung setzt.
Es ist eine Tortur, bis er in Neuhausen endlich aussteigen kann. Er eilt zum Bahnhofsgebäude und findet schließlich ein Büro, wo er seinen Unmut kundtun kann. Wer den Züri-Sepp kannte, weiß, dass er kein schüchterner Mann war. So lernen ihn nun auch die Bahnbeamten in Neuhausen kennen und sie wissen sich am Ende nicht anders zu helfen, als den aufgebrachten Zürcher mitzunehmen – und zwar zu der in Neuhausen stationierten Draisine! Damit wird der Babysitter von Altenburg zurück nach Altenburg gefahren, wo er glücklich und dankbar seine Enkel noch rechtzeitig in die Arme schließen kann.
Später irgendwann brachte er den hilfsbereiten Beamten in Neuhausen Luxemburgerli vom Sprüngli vorbei und zusammen haben sie über diese außergewöhnliche Fahrt gelacht.